Deutsch-Indisches Klassenzimmer

Märkische Allgemeine Zeitung: 30.05.2013


Heilige Kühe und scharfes Essen
Deutsch-indisches Klassenzimmer: Junge Inder zu Besuch in Rangsdorf

RANGSDORF - „Was, Sie fahren nach Indien? Mit Schülern?“ Dieses Staunen bekamen Claudia Götting und Karen Schäfer im vorigen Jahr oft zu hören. Die Lehrerinnen des Fontane-Gymnasiums Rangsdorf flogen im Oktober für drei Wochen mit 19 abenteuerlustigen Zehntklässlern nach Gwalior, wo sich eine renommierte private Internatsschule für Jungen befindet. Am Montag begann nun Teil II des „Deutsch-Indischen Klassenzimmers“. 19 Schüler dieser Scindia-Internatsschule und zwei indische Lehrer sind gegenwärtig für drei Wochen zu Gast in Rangsdorf.

Bürgermeister Klaus Rocher empfing die weitgereisten Besucher im Rathaus und stellte die Gemeinde vor. Dann berichteten indische und deutsche Schüler über ihre Eindrücke bei der Begegnung in Indien. Barbara Chakrabarti von der Arbeitsgruppe Rangsdorfer Städtepartnerschaften dolmetschte englisch.

Das „Deutsch-Indische Klassenzimmer“ ist eine Idee der Robert-Bosch-Stiftung, die pro Schüler 500 Euro bereit stellte. Weitere Zuschüsse kamen von der Mittelbrandenburgischen Sparkasse und der Berliner Flughafengesellschaft. Den Rest schossen die Eltern zu. Wie Schulleiter Steffen Szmala betonte, „sind viele eurer Mitschüler total neidisch auf euch“ – und die für Gymnasiasten außergewöhnliche Chance, Einblick in eine andere Kultur zu gewinnen.

Für András Gerendás war das Beeindruckendste „das Verkehrschaos mit Rikshas, Bussen, Fußgängern, Autos, heiligen Kühen – und das scharfe Essen“. Die Jugendlichen schliefen unter Moskitonetzen, sahen Affen und Papageien in freier Wildbahn, ekelten sich in einem schmutzigen Zug ohne Türen und Fensterscheiben, bestaunten das quirlige Leben, die farbenfrohe Kleidung. Einige Mädchen ließen sich ein Henna-Tattoo auf die Hand malen. Es gab Ausflüge, unter anderem zum berühmten Taj Mahal. Außerdem arbeiteten die Schüler am gemeinsamen Forschungsthema „Unser Lebenselexier Wasser“. Sie verglichen zum Beispiel den Wasserverbrauch ihrer Schulen und die Bewässerungssysteme ihrerLänder. Lehrerin Karen Schäfer sieht als größten Unterschied im Schulalltag die Hierarchien: „Der Respekt vor Lehrern und dem Direktor war auffallend. Die indischen Schüler sind sehr stolz auf ihre Schule und bekannte Absolventen.“

Auch den jungen Indern gefällt das interkulturelle Treffen. „Ich möchte einmal Professor für internationale Beziehungen werden“, meinte einer selbstbewusst. Für die Gäste wird es Ausflüge nach Berlin, Potsdam, Dresden, in den Spreewald und eine geführte Wanderung durch Rangsdorf geben.

Nicht zuletzt bleibt viel Zeit für Gespräche. Die indischen Besucher leben hier in den Familien der Gymnasiasten. Laura: „Das Security-Team hatte Mädchen und Jungen auf dem indischen Internatsgelände recht streng getrennt. Da hatten wir leider gar nicht so oft Kontakt.“

(Von Gudrun Schneck)


Wochenspiegel Zossen vom 19. Juni 2013

Neues Kapitel geschrieben

Schulprojekt "Deutsch-indisches Klassenzimmer"

Rangsdorf (sz). "Deutsch-indisches Klassenzimmer" heißt ein interkulturelles Schulprojekt des Fontane-Gymnasiums Rangsdorf, das von der Robert.Bosch-Stiftung gefördert wird. Der Schulaustausch inklusive der themenbezogenen Projektarbeit "Bewahrung unseres Lebenselexiers Wasser" bietet echten Einblick in eine andere Kultur außerhalb Europas bzw. Südasiens.

Im Herbst 2012 waren Schüler des Fontane-Gymnasiums Rangsdorf für 3 Wochen Gäste im indischen Gwalior. Nun ging gerade der dreiwöchige Gegenbesuch der indischen Gymnasiasten in Rangsdorf zu Ende.

WochenSpiegel-Redakteurin Katrin Schwarz fragte die Betreuer sowie einige indische Gastschüler nach ihren Eindrücken:

Fragen an die Betreuer

Warum laden Sie sich die zusätzlichen Aufwand, den solch ein Projekt sicherlich  macht, auf?

Sangeeta Jain: Wasser ist ein Brennpunktthema in Indien. Man muss viel über Wasser im eigenen Land, aber auch im Ausland lernen. Außerdem interessiert mich das Thema, weil ich Biologielehrerin bin und mit meinen Schülern viel zu dem Thema gearbeitet habe.

 

Gopal Chaturvedi: Wasser wird weltweit als Lebenselixier betrachtet. Besonders als Deutschlehrer hat es mir gefallen, mit meinen Schülern in der Fremdsprache an diesem wichtigen Thema zu arbeiten und dabei eine andere Kultur kennen zu lernen. Eine interessante Frage ist, wie man Wasser in unterschiedlichen Kulturen verwendet.

 

Karen Schäfer: Wenn man lange im Schuldienst arbeitet, muss man aufpassen, nicht in Routine zu verfallen. Deshalb ist es aus meiner Sicht wichtig, neugierig zu bleiben und projektorientiert zu arbeiten. Als Fremdsprachenlehrerin und Theaterpädagogin interessiere ich mich sowohl für andere Länder und Sprachen als auch für Besonderheiten fremder Kulturen.

 

Claudia Götting: Interkulturalität spielt im Rahmenplan Geographie eine große Rolle. Aus meiner Sicht reicht es nicht, sich dem Thema auf der kognitiven Ebene zu nähern. Richtig vertraut wird man mit dem Thema nur, wenn man reist.


Sicher haben auch Sie das nicht nur als Arbeit empfunden: Was ist Ihr schönstes Erlebnis / Ihr emotionalster Moment aus diesen Wochen?  

Claudia Götting: Unser gemeinsames Kanufahren im Spreewald war ein sehr verbindendes Erlebnis, vor allem in dem Moment, wo wir gemeinsam das voll gelaufene Boot ausschöpfen mussten.

 

Gopal Chaturvedi: Wir haben viele Einladungen bekommen, nicht nur zum Essen, sondern auch für Berlin Trips. Ich glaube, jetzt habe ich eine Vorstellung davon, was die Mauer für Berlin und Deutschland bedeutete.

Fragen an die Jugendlichen


Warum habt ihr euch entschlossen, nach Deutschland zu kommen?

Arihant: Ich bin hier hergekommen, weil ich eine Menge guter Dinge über dieses Land gehört habe. Ich wollte die Technologie sehen, die uns Indern fehlt.

Aakash: Als ich anfing Deutsch zu lernen, hatte ich nicht vor, nach Deutschland zu fahren, aber ich mag die Sprache, weil sie schwierig und trendy ist. 


Was habt ihr alles erlebt?

Arihant: Ich habe die Kultur und die Kreativität der Leute hier kennen gelernt und wie sie ihren Alltag meistern.

Pulkit: Ich habe neue Leute kennen gelernt, mit ihnen gelebt und fremde Lebensmittel zu mir genommen. 

Shivam: Während meines angenehmen Aufenthaltes in Germany habe ich viel mit meiner Gastfamilie unternommen. Auch das deutsche Essen und die Partys haben mir gefallen.

Aakash: Ich habe eine ganz andere Kultur und Lebensweise kennen gelernt. Es war eine gute Erfahrung. Der Mensch ist weise durch seine Erfahrung, nicht durch sein Wissen


Was hat euch besonders gut gefallen?

Varun: Das Land, die freundlichen Leute und die Atmosphäre in der Gruppe und in den Gastfamilien.

Aakash: Die Natur und die Umgebung ist wunderschön. Das Essen ist nicht scharf genug.


...und was nicht?

Varun: Das Essen, vor allem, wenn es nicht richtig gewürzt war.


Und wie geht es für euch jetzt weiter?

Arihant: Da ich mich für Schmuck und Technologie interessiere, wollte ich als Kunde und als Beobachter hierher kommen, um die Entwicklung des Landes zu beobachten  und um einige Produkte kreativer Leute zu kaufen.

Satyam: Ich möchte als erfolgreicher Mann wiederkommen und Neues entdecken.